Viele von euch waren ja gestern als Sternsinger:innen unterwegs. Mich interessiert: Wie haben die Leute denn so reagiert, als sie die Türe aufgemacht haben, und euch gesehen haben? Können zwei, oder drei von euch uns da kurz etwas erzählen, vielleicht etwas besonders Lustiges, oder etwas Eindruckvolles. Es kann auch etwas Trauriges, oder etwas Erschreckendes sein, das gehört ja auch dazu.
Hat sich eigentlich jemand auch erschrocken, als er euch gesehen hat? So, wie wir gerade eben im Evangelium gehört haben, dass sich König Herodes erschrocken hatte, als die Sterndeuter zu ihm kamen, und mit ihm ganz Jerusalem?
Was mich bei diesem Evangelium immer ein bisschen unrund macht, ist dieser Nachsatz: Und mit ihm ganz Jerusalem. Dass sich der herrschende König erschreckt, wenn er gefragt wird, wo denn der Neue sei, ist eigentlich einleuchtend. Noch dazu, von dem hatte er bis dahin ja nicht einmal ein bisschen gewusst … Aber warum ganz Jerusalem? Habt ihr eine Idee?
* Verlust des Arbeitsplatzes für die Beamten, besonders für die hohen Beamten
* Hohepriester im Tempel, dass der Messias, der Christus in der Welt ist, und sie ihre Stellung, ihre Aufgabe im Tempel verlieren
* Bevorstehender Bürgerkrieg; immerhin ließ Herodes seine eigenen Söhne töten
Vielleicht sind sie ja davon erschrocken, WER gefragt hat, wo denn der neugeborene König der Juden sei? Wer war denn das? Richtig, die Sterndeuter, und die waren ja bekanntlich aus dem Osten, dem Ausland, also niemand aus dem jüdischen Volk, und schon gar keine Experten des jüdischen Glaubens. Die sitzen ja alle in Jerusalem.
Vielleicht haben die Einwohner Jerusalems sich so erschreckt, weil sie mit sich selbst so beschäftigt waren, dass sie gar nicht gemerkt haben, dass nur zehn Kilometer weiter südlich der Messias geboren worden war. Der Messias, auf den sie, und das ganze jüdische Volk seit mehr als tausend Jahren wartet. Und da kommen auf einmal Ausländer daher. Die kennen die jüdischen Schriften nicht einmal. Die haben einfach nur die Gestirne am Nachthimmel beobachtet, also Zeichen der Zeit, wie schon im Schöpfungsgedicht zu lesen ist. Und die fragen ganz ungeniert und sicher: „Wo ist denn nun der neue König der Juden?“ Da war dann Feuer am Dach! Und das finde ich jetzt besonders interessant: Auf einmal finden die Schriftgelehrten in ihrer Heiligen Schrift alle Hinweise! Herodes fragt interessanterweise auch nicht: Wo ist der neue König geboren, sondern er fragt: Wo ist der neue CHRISTUS geboren? Und die Schriftgelehrten können ihm gleich darauf antworten: Nämlich in Bethlehem. Die haben es bis dahin einfach nicht gecheckt!
Jetzt wird es aber noch besser: Was haben die dann gemacht, außer sich erschrocken?
NICHTS! Die haben nichts gemacht! Anstatt darauf zu reagieren, was sich da vor ihrer Nase ereignet: Gott kommt in die Welt; schon so lange warten wir auf den Messias, auf den Christus, jetzt ist er da, welche Freude, Gott sei gelobt, Halleluja! Die haben NICHTS gemacht, außer erschrocken in Jerusalem zu sitzen und wahrscheinlich zu schauen, wie sie ihren Besitz und ihre Privilegien absichern können. Die halbherzigen Vorkehrungen von Herodes können wir ja nachlesen.
Wer ist also zu Jesus im Stall hingegangen: Die Sterndeuter aus dem Ausland, und in der Weihnachtsnacht hören wir von den Hirten, arme Männer, die auf Tiere anderer achteten. Alles Menschen, die keine Macht in Israel haben etwas zu ändern. Die haben erkannt, was vor ihren Augen passiert.
Und darum bin ich der Meinung, dass es uns alle aufrütteln muss, wenn wir euch Sternsinger durch die Straßen gehen sehen. Denn Sternsingen macht man ja nicht nur aus Spaß, dafür ist es viel zu anstrengend, das macht ihr, weil ihr bewusst oder unbewusst die Zeichen der Zeit erkennt. Und die Zeichen der Zeit sind leider auch, dass vieles nicht passt, dass es noch jede Menge Ungerechtigkeit gibt. Und ihr, die ihr noch keine politische oder wirtschaftliche Macht habt, ihr macht euch auf, um die Welt etwas gerechter zu machen.
Dafür möchte ich euch aus ganzem Herzen danken! Und ich denke, das ist einen großen Applaus wert.