Predigt vom pensionierten Pfarrer Anton Schwinner anlässlich der Feier von 50 Jahre Seelsorgezentrum und 40 Jahre Pfarre St. Severin
Liebe Festgemeinschaft!
50 Jahre St. Severin und 40 Jahre Pfarre, das ist ein Grund zum Feiern für die jüngste Pfarre der Diözese St. Pölten. Zu meiner Festpredigt gehört auch die Fotoausstellung im großen Pfarrsaal und die im Saal aufgelegte Mappe, aus der Sie unendlich viele Ereignisse nachlesen können. Das Generalthema meiner Predigt folgt einem Satz von Erzbischof Helder Camara aus Brasilien. Er sagte: „Wenn einer allein träumt, ist es nur ein Traum. Wenn viele gemeinsam träumen, ist es der Anfang einer neuen Wirklichkeit.“
Verstehen Sie mich richtig. Es geht nicht um Tagträumereien oder Phantastereien. Es geht vielmehr um Folgendes: Es entsteht in einer Gemeinschaft eine Idee, und im Laufe der Zeit tragen immer mehr Menschen diese Idee mit. So entsteht eine Kraft, die etwas bewegt.
Traum 1: Schon Dechant Hamerling, der bis 1966 Pfarrer von St. Stephan war, hatte eine Idee. Durch einen Grundtausch mit der Gemeinde sollte in der Anton Bruckner Straße, wie er es blumig ausdrückte „ein Gottesacker im Listhof“ mit einer Kirche entstehen. Sein Nachfolger als Pfarrer, Johannes Sigmund, trug diese Idee weiter. In Abstimmung mit dem Pfarrgemeinderat, dem Pfarrkirchenrat, mit der Diözese und den Mitarbeitern wurde der erste Severintraum am 16. September 1972 Wirklichkeit. Kaplan Franz Großhagauer und Johann Hössinger betreuten das neue Seelsorgezentrum.
Nach zwei Jahren, im September 1974, kam ich als Kaplan nach Tulln und übernahm die priesterlichen Aufgaben in St. Severin.
Traum 2: St. Severin entwickelte sich gut. Gruppen und Runden entstanden. An jedem Donnerstag um 19 Uhr und am Sonntag um 9 Uhr 30 fanden Gottesdienste satt. Hochzeiten und Taufen wurden gefeiert. Es entstand so etwas wie eine Severiner Identität.
Es dauerte nicht lange, bis ein neuer Severiner Traum entstand. In Tulln wurden viele Häuser und Wohnungen gebaut. Tulln wurde im Laufe der Zeit zu einer der Städte in Niederösterreich mit dem größten Zuzug. Auch im Gebiet von St. Severin wurde viel gebaut. Anlässlich einer Pfarrvisitation in Tulln - St. Stephan kam Bischof Dr. Franz Zak am 28. Mai 1979 am Nachmittag auch nach St. Severin. Er sprach das aus, was viele Severiner erträumten. Er sagte: „Ich kann mir gut vorstellen, dass St. Severin eine eigene Pfarre wird.“ Die vielen Anwesenden spendeten einen tosenden Applaus.
Jetzt war es klar, es gibt kein Zurück mehr. St. Severin wird eine eigene Pfarre und wenn es möglich ist, in der Zeit um den 8. Jänner 1982, dem 1500. Todestag des Hl. Severin. Der zweite Traum wurde Wirklichkeit. Am 1. Jänner 1982 wurde St. Severin eine selbstständige Pfarre. Am 10. Jänner erfolgte durch Bischof Dr. Franz Zak die Pfarrerhebung und ich durfte der erste Pfarrer der neugegründeten Pfarre St. Severin sein.
Traum 3: Der provisorische Pfarrhof befand sich unweit der Kirche in einem von der Diözese gemieteten Haus. Mit dieser Lösung waren wir eine zeitlang zufrieden, aber es kündigte sich ein neuer Traum an: „Wie wäre es mit einem Pfarrzentrum, mit einer größeren Kirche, mit einem Pfarrhof und mit einem nicht zu kleinen Pfarrsaal?“
Es begannen wieder Planungen, um diesen Traum zu verwirklichen. Eines war klar: Zuerst muss der Pfarrhof entstehen, dann der Saal, dann muss die Kirche umgestaltet und vergrößert werden. In dieser Zeit sollen die Gottesdienste schon im neuen Pfarrsaal gefeiert werden.
Wegen der zusätzlichen Arbeit tat es uns gut, dass Stefan Mayerhofer am 1. April 1988 seinen Dienst als Pastoralassistent aufnahm.
Am Ausbau von St. Severin musste sich die Pfarre natürlich auch finanziell beteiligen. Eine Gruppe von Pensionisten erarbeitete den Betrag von 1,8 Millionen Schilling. Spenden der Aktion 24 (eine 24 monatliche Unterstützung des Baus durch einen Dauerauftrag), Flohmärkte, Bastelmärkte und Scheinwerfersonntage brachten 2,5 Millionen Schilling. Auch die Stadtgemeinde Tulln unterstützte St. Severin mit 250.000 Schilling.
Bis zu diesem Zeitpunkt war jeder Traum verbunden mit dem Bau oder dem Mieten eines Bauwerks. Was aber noch viel wichtiger ist, dass Gebäude den Menschen dienen, dass sich die Menschen hier wohl fühlen, dass Gemeinschaft erlebbar und der Geist Gottes spürbar wird.
Auch der dritte Traum wurde Wirklichkeit. Am 30. September 1990 durften wir wieder feiern. Bischof Dr. Franz Zak hat die neue Kirche geweiht und das Pfarrzentrum eröffnet.
Um das Bild von St. Severin abzurunden, gestalte ich jetzt ein Mosaik der Dankbarkeit. Ich fertige es an aus all dem, was eine Pfarre zusammenhält. Dabei werde ich sicher einiges übersehen. Darum bitte ich: Ergänzt das Mosaik mit dem, was euch noch dazu einfällt!
Ich danke allen, die sich regelmäßig Zeit nehmen, die Gottesdienste mitzufeiern und auch privat zu beten und die Bibel zu lesen. Dank allen, die in der Pfarre Aufgaben übernommen haben: Pfarrgemeinderäte, Pfarrkirchenräte, Mitglieder von Ausschüssen und Arbeitskreisen. Dank den Lektoren, Kantoren, Wortgottesfeierleitern, Kommunionspendern, Chorsängern und Chorleitern, den Ministranten und ihren Betreuern, den Organisten, Mesnern und Kirchenreinigern, den Rasenpflegern. Danke den Kanzleikräften. Danke für alle Ministranten- Kinder - und Jugendlager. Danke für Tagesausflüge und Mehrtagesreisen im Rahmen von „Severin aktiv“. Danke den Pfarrblattherstellern und Verteilern und allen, die wirklich das Pfarrblatt lesen. Dank denen, die Flüchtlinge betreuen. Dank allen, die kranke und einsame Menschen besuchen. Dank denen, die kontaktfreudig sind und auf dem Kirchenplatz nach der Messe Menschen ansprechen. Dank den Frühschoppenteams. Danke für die Pfarrfeste und für alle Mitarbeiter. Danke für Feste und Feiern und ... und ... und ...
Zum Abschluss:
Lieber Pius! Du bist noch nicht lange in St. Severin! Wir haben dich beim ersten Sonntagsgottesdienst mit großer Freude begrüßt. Heute sage ich dir ein kleines Geheimnis. Schau dir einmal in Ruhe die Baupläne von St. Severin an. Da wirst du ein wichtiges Symbol entdecken: Die Kirche ist das Herz, und der Pfarrhof und der Saal sind wie offene Arme, die sich den Menschen entgegen strecken. Das war immer für uns ein Symbol für eine offene, herzliche, entgegenkommende und gastfreundliche Kirchengemeinschaft. Wir bitten dich: Geh diesen Weg weiter mit uns in St. Severin. Danke!