Liebe Gottesdienstfestgemeinschaft!
Am Montag, dem 7. Jänner, einen Tag vor dem 8. Jänner, dem Severintag, hat Papst Franziskus die beim Vatikan tätigen Diplomaten zu einem Neujahrsempfang eingeladen. Der Papst sprach viele Themen an. Einige Sätze dieser Botschaft werde ich jetzt vortragen. Der Papst sagte bei seiner Ansprache: Von der Politik wird verlangt, Weitblick zu haben und sich nicht darauf zu beschränken, nach kurzfristigen Lösungen zu suchen. Der gute Politiker soll keine Räume besetzen, sondern Prozesse in Gang bringen. Er soll dafür sorgen, dass die Einheit mehr wiegt als der Konflikt.
Liebe Festgemeinschaft!
Mit diesen Sätzen des Papstes und seinen Wünschen an die Politik werde ich jetzt beim hl. Severin landen. Wir leben in einer unruhigen Zeit. Ich habe das Gefühl, dass der Ton in der Politik und zwischen den Menschen untereinander rauer wird. Der Nationalismus wird stärker, das ICH wird viel wichtiger als das DU und das WIR.
Eine ähnliche unruhige Situation hat unsere Heimat, das damalige Norikum, zur Zeit des hl. Severin im 5. Jh. erlebt. Es war die Zeit der Völkerwanderung. Germanische Stämme und Völker drängten in das Gebiet der Römer. Der Limes, die befestigte Grenze entlang der Donau, war kein Schutz mehr für die römische Bevölkerung. Die römischen Soldaten schafften es nicht mehr, für die Sicherheit der Bevölkerung zu sorgen.
In dieser schwierigen Zeit zeigte der hl. Severin, dass er politisch hochbegabt war. Er hatte die Gabe, aus Feinden Gegner zu machen, mit denen man verhandeln kann. Und der hl. Severin zeichnete sich aus durch Handschlagqualität. Die Germanenfürsten vertrauten ihm. So konnte er erreichen, dass die Überfälle und Plünderungen der Germanen weniger wurden und die römische Bevölkerung in geschützte Gebiete übersiedeln konnte. Für Severin war klar: Der Limes, die Grenze an der Donau, ist nicht zu halten. Die Römer müssen wegziehen, aber sie brauchen Zeit, um das alles zu organisieren.
Seit vielen Jahren erzähle ich beim Severinfest eine Begebenheit aus der „Vita Sancti Severini“, der Lebensbeschreibung des hl. Severin, verfasst von Eugippius, einem Mönch des Severinordens.
Mit diesen Predigten möchte ich erreichen, dass viele Leute das Leben des hl. Severin kennenlernen und erleben, dass wir auch heute noch viel von ihm lernen können.
Heute habe ich das Kapitel XXXI seiner Lebensbeschreibung ausgewählt. Der Inhalt passt zu dem, was Papst Franziskus gesagt und was ich zuvor erwähnt habe.
Aus dem Kapitel XXXI:
Nach einem Überfall der Barbaren hat sich die römische Bevölkerung, die den Überfall überlebt hat, durch die Hilfe des hl. Severin in Lauriacum (Lorch bei Enns) gesammelt. Der Rugenkönig Feletheus hat das erfahren und er zog mit seinem Heer nach Lauriacum. Die Römer fürchteten eine weitere Auseinandersetzung und baten Severin, dass er dem König entgegen ziehe. Nach einem Nachtmarsch begegnete er dem König am frühen Morgen beim 20. Meilenstein vor der Stadt. Im Gespräch erzählte Severin, dass die Leute Angst vor einem so großen Heer haben und dass sie Angst haben, noch einmal geplündert und gewaltsam ausgesiedelt zu werden. Severin sagte zum König: „Bester König, weise meinen Rat nicht zurück. Stelle die Leute aus Lauriacum unter meinen Schutz. Ich verspreche dir, dass ich mich kümmere, dass diese Menschen unter meiner Aufsicht und geordnet in eine sichere Gegend übersiedeln werden.“
Als der König diese Argumente vernahm, wurde er umgestimmt und kehrte mit seinem Heer um. Die Römer aber, die der hl. Severin unter seinen Schutz genommen hatte, zogen von Lauriacum ab. Sie wurden durch friedliche Vereinbarungen in sicheren Städten untergebracht und lebten in freundlicher Gemeinschaft mit den Rugen. Der hl. Severin zog wieder in sein Kloster nach Mautern bei Krems.
Liebe Festgemeinschaft!
Am 8. Jänner des Jahres 482 ist der hl. Severin in Mautern gestorben. Beim Abzug der Römer aus Norikum wurde sein Leichnam nach Italien mitgenommen. Heute ist er in einem Sarkophag in der Kirche Frattamaggiore bei Neapel bestattet.
Am 1500. Todestag des hl. Severin wurde das Gebiet um das Seelsorgezentrum St. Severin zu einer eigenen Pfarre.
Wir danken dem hl. Severin für sein vorbildliches Leben, seine Ideen und guten Werke. Wir danken, dass er für unsere Pfarre St. Severin ein guter Begleiter und Beschützer war, ist und bleibt.