Liebe Gottesdienstgemeinschaft!
Bald nach dem Ende des II. Vatikanischen Konzils haben sich einige Bischöfe zusammengetan. Sie haben sich in einer Katakombe (einer urchristlichen unterirdischen Begräbnisstätte) versammelt. Es war ihre Absicht, die Kirche zu erneuern.
Sie wollten:
- eine bescheidene Kirche
- eine Kirche ohne Ehrentitel
- eine dienende Kirche
Mehr als 50 Jahre später haben wir einen Papst, der mit großer Energie diesen Weg weitergeht.
Was ich bisher gesagt habe ist mir eingefallen, als ich das heutige Evangelium durchgelesen habe.
Da heißt es ja: „Der Größte von euch soll euer Diener sein“. In dieser Bibelstelle kritisiert Jesus die jüdische Priesterschaft. Sie benützen ihr Amt, um sich Vorteile zu verschaffen. Sie stellen sich selbst in den Mittelpunkt. Ihre Titel heben sie von anderen Menschen ab. Sie sind etwas Besonderes. Da ist mir natürlich unser Papst Franziskus eingefallen. Ab seinem ersten Auftritt knapp nach seiner Wahl wurde es klar: Dieser Papst will eine bescheidene und dienende Kirche.
Dazu ein paar Beispiele:
Als ihm die roten „Patscherl der Firma Prada“ gereicht wurden, lehnte er sie ab und blieb bei seinen klobigen schwarzen Schuhen.
Auch den Schulterumhang aus rotem Samt wies er zurück.
Als ihm das goldene Brustkreuz überreicht wurde, nahm er es nicht. Er trägt weiterhin das blecherne Brustkreuz, das er bereits in Argentinien getragen hatte.
Im Jahr 1973 im Juni, knapp vor unserer Priesterweihe, sind wir 5 Weihekandidaten zusammengekommen, und wir erinnerten uns an die Bischöfe in den Katakomben. Wir wollten auch etwas für die bescheidene Kirche tun. Wir haben hoch und heilig versprochen, als Priester keine Ehrentitel anzunehmen. Wir waren der Meinung, dass es passieren könnte, wenn einer von uns einen Ehrentitel annimmt, dann könnte er sich besser vorkommen als die anderen.
Ich habe den Titel „Geistlicher Rat“ abgelehnt, die anderen aus unserer Gruppe haben ihn angenommen, einer wurde sogar „Monsignore“. Da war ich von ihnen enttäuscht.
Wenn Sie glauben, ich bin traurig darüber, dass ich keinen kirchlichen Ehrentitel habe, dann haben Sie sich getäuscht. Ich bin glücklich, ganz gewöhnlicher Pfarrer in Tulln – St.Severin zu sein.
Papst Franziskus hat nach seiner Wahl die Verleihung aller Ehrentitel ausgesetzt. Seine Absicht wäre, den Priestern erst ab dem 65. Lebensjahr Ehrentitel zu verleihen, viele der bekannten Titel aber abzuschaffen.
Dazu eine humorvolle Anmerkung: Einer der älteren Pfarrherren aus unserer Diözese hat den Titel „Kanonikus“ erhalten. Die Kinder in der Schule, die den Titel nicht verstanden haben, nannten ihn liebevoll „Herr Kanonenschuss“.
Liebe Gottesdienstgemeinschaft!
Heute habe ich viel von den Priestern erzählt. Das heutige Evangelium gibt aber für alle etwas her. Alle Christen müssen eine dienende und bescheidene Kirche fördern. Kein Amt in der Kirche ist ein Ehrenamt, sondern ein Dienst.
Darum möchte ich euch und mir den Satz aus dem heutigen Evangelium mitgeben:
„Der Größte von euch soll euer Diener sein“.