Liebe Gottesdienstgemeinschaft!
Das hat uns gerade noch gefehlt!
In einer Zeit, in der sich eine Schreckensnachricht an die andere reiht und die Menschen sich nach Frieden und Ruhe sehnen, wird uns dieses Evangelium vorgelegt. Das soll eine Frohbotschaft sein? Jesus wirft Feuer auf die Erde, er bringt nicht Frieden, sondern Spaltung. Was soll das?
Um ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, trage ich jetzt einen Text von Anthony de Mello vor:
• „Angeklagter“, sagte der Großinquisitor, „Ihnen wird vorgeworfen, Menschen ermutigt zu haben, Gesetze, Traditionen und Regeln unserer heiligen Religion zu brechen. Was haben sie dazu zu sagen?“
„Ich bekenne mich schuldig, Euer Ehren.“
• „Sie werden beschuldigt, des Öfteren in Gesellschaft von Ketzern, Prostituierten, gemeinen Sündern, wucherischen Steuereinnehmern…, kurz dem Abschaum der Gesellschaft gesehen worden zu sein. Was sagen Sie dazu?“
„Ich bekenne mich schuldig, Euer Ehren:“
• „Man wirft Ihnen vor, öffentlich jene kritisiert und gebrandmarkt zu haben, die in der Kirche Gottes an oberste Stelle gesetzt wurden. Was sagen Sie dazu?“
„Schuldig, Euer Ehren.“
• „Schließlich sind sie angeklagt, die heiligen Lehrsätze unseres Glaubens revidieren, korrigieren und in Frage stellen zu wollen. Was sagen Sie dazu?“
„Ich bekenne mich schuldig, Euer Ehren.“
• „Wie heißen Sie, Gefangener?“
„Jesus Christus, Euer Ehren.“
In dieser kurzen Szene zeichnet der indische Jesuit Anthony de Mello ein Jesus-Bild, das wir viel zu selten anschauen. Obwohl in vielen Kirchen ein Bild von einem äußerst sanftmütigen Jesus zu sehen ist, ist festzuhalten, dass Jesus damals viele Menschen provoziert hat.
Jesus sagt: “Ich will Feuer auf die Erde werfen.“ Wie sollen wir diesen Satz beurteilen? Was soll er bedeuten?
Wer nur von diesem Satz ausgeht, der könnte an die Zerstörung der Welt denken. Jesus als der Große Zerstörer? Wer diesen Satz verstehen will, muss sich ein Bild von Jesus machen, das sich aus vielen Begebenheiten aus der Bibel zusammensetzt. Wer Jesus aus der Bibel kennengelernt hat, dem ist klar, das Feuer ist ein Symbol für den heiligen Geist, die Kraft und Liebe Gottes. Jesus möchte haben, dass die Menschen für Gott brennen, dass die Liebe die Entwicklung dieser Welt bestimmt, dass sich die Christen mit großem Elan und voller Kraft für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt einsetzen, auch wenn sie dafür belächelt oder verspottet werden.
Und was soll das heißen, wenn Jesus sagt: „Ich bringe nicht Frieden, sondern Spaltung auf die Erde.“ Ich glaube Folgendes: Die Ereignisse aus der Zeit, als das Lukas-Evangelium entstanden ist, haben sich auf dieses Evangelium ausgewirkt.
So wie Jesus aufgrund seiner frohen Botschaft provoziert hat und deshalb getötet wurde, sind auch viele Boten des Glaubens verfolgt und getötet worden, wie zum Beispiel der Diakon Stephanus und die Apostel. Das geht bis zum heutigen Tag so. Die Auseinandersetzung um den Glauben führt bis zur Spaltung von Familien. Menschen, die an Christus glauben, werden bis zum heutigen Tag verraten und damit dem Tod ausgeliefert. Die Christen sind die am meisten Verfolgten auf der Welt. Und wer glaubt, da geht es um den Glauben, der täuscht sich. Es geht um die Macht und um Angst vor einer anderen Meinung, einer anderen Einstellung.
Liebe Gottesdienstgemeinschaft!
Ich habe versucht, ein wenig Licht ins Dunkel dieser schwierigen Bibelstelle zu bringen. Hoffentlich ist es gelungen.