Liebe Festgemeinschaft!
Als ich ein kleines Kind war hatte ich eine ganz genaue Vorstellung vom Christkind. Ich habe zwar das Christkind nie gesehen, denn wenn die Tür zum Wohnzimmer geöffnet wurde sagten die Eltern: "Das Christkind ist schon wieder weitergeflogen zu anderen braven Kindern". In meiner kindlichen Theologie und Fantasie war es damit klar: das Christkind ist einer der vielen Engel. Es ist bekleidet mit einem wunderschönen weißen Gewand, hat ein liebes hübsches Gesicht und lange blonde Locken und war natürlich weiblich. Unter unserem Christbaum stand zwar unter einem Glassturz eine kleine Krippe. Aber "mein" Christkind hatte mit dem neugeborenen Jesus überhaupt nichts zu tun.
Im Laufe der Jahre hat sich meine kindliche Theologie weiterentwickelt. Ich habe die Machenschaften meiner Eltern durchschaut und bin draufgekommen, dass das Christkind eigentlich der kleine Jesus ist, der in der Krippe liegt. Oha! Darum geht es also zu Weihnachten. Weil Gott uns in Jesus einen Gott in Gestalt eines Menschen auf die Erde schickt, darum dürfen wir kräftig feiern. Und weil Gott uns Jesus aus Liebe zu uns Menschen schenkt, darum beschenken wir Menschen, die wir gern haben und solche, die in Not geraten sind.
Darum geht es eigentlich zu Weihnachten und das sollten wir in den Mittelpunkt rücken. Es geht um die Menschwerdung Gottes und um unsere Menschwerdung. Wer die frohe Botschaft Jesu aufnimmt und wer den Weg Jesu geht, der spürt: ich werde immer mehr Mensch. Meine Nächstenliebe wird gestärkt, meine Güte wird größer, ich kann leichter verzeihen, meine Angst vor dem Fremden und vor den Fremden wird kleiner.
Wer den Weg mit Jesus geht, der kann bewirken, dass es heute noch Wunder gibt. Von einem solchen, sehr aktuellen Wunder werde ich jetzt erzählen:
In Syrien gibt es den Orden von Mar Musa. Dieser christliche Orden hat zwei Schwerpunkte:
Es klingt verrückt: da gibt es Christen, die sich nach ihren eigenen Worten in den Islam verliebt haben. Die Nonnen und Mönche von Mar Musa schufen mit ihrer Hände Arbeit einen Ort der Versöhnung. Da gibt es ein Steinkloster aus dem 7. Jahrhundert mitten in der Einsamkeit, das von Christen aus aller Welt besucht wird. Tag für Tag klopfen auch hunderte arabische Muslime an, um mit ihren christlichen Geschwistern zusammenzukommen, um zu singen und zu beten. Die Mönche und Nonnen haben ihnen auch eine Ecke in der Kirche, wo keine Bilder hängen, zur Verfügung gestellt. Dort können die Muslime nach ihrem eigenen islamischen Ritus beten. Kann es so etwas überhaupt geben? JA
Liebe Gottesdienstgemeinde!
Wer den Weg mit Jesus geht, der kann bewirken, dass es heute noch Wunder gibt.
Ob es das Kloster nach den vielen Kämpfen und der Zerstörungswut des sogenannten "Islamischen Staates" noch gibt, wissen wir nicht.
Wir können es nur hoffen.