Liebe Gottesdienstgemeinde!
Heute beginne ich meine Predigt mit einer Geschichte. Es ist die Geschichte von einem Menschen, der mit seiner Lebenssituation nicht zufrieden war.
Irgendwo gab es einmal einen kleinen Mann, der unbedingt größer werden wollte. Darum fragte er das Pferd um Rat: „Du bist doch groß und stark, verrate mir dein Geheimnis! Und das Pferd rät ihm: „Du musst viel, viel Hafer essen und viel herumrennen. Dann wirst du groß und stark. Das Ergebnis war furchtbar – der Hafer liegt ihm schwer im Magen, die Füße tun weh, aber er wächst keinen Zentimeter.
Darauf wendet er sich an den Ochsen. Der hat folgenden Rat: „Du musst viel Gras essen und kräftig brüllen, dann wirst du schon sehen…! Aber das Ergebnis: Bauchschmerzen und Heiserkeit – aber keinen Zentimeter größer.
Schließlich fragte ihn die Eule:
„Warum willst du denn überhaupt größer werden?“
„Weil ich dann stärker bin und wenn es Streit gibt, ziehe ich nicht den Kürzeren.“
„Hat dich denn schon jemand geschlagen?“
„Nein“.
„Warum willst du dann größer werden?“
„Weil ich dann weiter sehen kann“.
„Klettere doch auf einen Baum, dann siehst du weiter als der größte Mann!“
Das sah der kleine Mann ein. Und die Eule rät ihm zum Abschluss: „Sorge dich nicht, dass dir Beine wachsen. Sorge dich lieber darum, dass dir der Verstand wächst.“
Liebe Gottesdienstgemeinde:
Über das heutige Evangelium könnte ich lange reden. Zwei Themen werde ich herausgreifen, denn sie sind sogenannte „Stolpersteine in der Bibel“.
Stolperstein 1:
Was soll das heißen: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst. Ich würde sagen: der nehme sich selbst nicht so wichtig, er sei bescheiden und zufrieden. Er versöhne sich mit sich selbst, er lerne über sich selbst zu lachen.
Sich selbst verleugnen heißt für mich – nicht egoistisch um sich selbst zu kreisen sondern offen sein für andere.
Leider gibt es Menschen, die diese „Verleugnen“ falsch verstehen. Sie haben keine Achtung vor sich selbst, sie quälen sich ab mit falschen Schuldgefühlen, sie haben ihr Selbstwertgefühl verloren und manche nennen diesen Zustand „Demut“.
Stolperstein 2:
Was soll das heißen: „Er nehme sein Kreuz auf sich“.
Ich glaube, wir müssen uns kein Kreuz suchen und uns abquälen. Sehr wohl heißt es aber: Jeder Mensch muss von Zeit zu Zeit sein Kreuz tragen: es kommen Krankheiten körperlicher und psychischer Art, Verlust des Arbeitsplatzes, Scheidung, Verlust von lieben Angehörigen durch Todesfälle, Probleme mit den Kindern und vieles andere. Kreuz tragen kann auch heißen: lernen mit seinem Schatten zu leben, das heißt, sich mit seinen negativen Charaktereigenschaften zu versöhnen.
„Sein Kreuz auf sich nehmen“, Diese Aufforderung kann auch extreme Formen annehmen. Für Petrus und viele der ersten Jünger ist diese Aufforderung Jesu blutige Wahrheit geworden. Sie sind für den Glauben gestorben.
Jesus nachfolgen kann nicht bedeuten, Kreuz und Leid zu suchen oder anzustreben – das wäre ein missverstandenes und missbrauchtes Kreuz. Das macht Menschen zu Schwächlingen und Duckmäusern.
Liebe Gottesdienstgemeinde!
Die Bibel ist nicht immer leicht zu verstehen. Heute habe ich zwei Sätze herausgenommen, die leicht missverstanden werden können, das heißt zu Stolpersteinen werden können.
Ich hoffe, ich habe ein wenig dazu beigetragen, dass Sie nicht stolpern.