Predigt vom 6.9.2015
Liebe Gottesdienstgemeinde!
„Ine, Ane, U, und draußt bist du“.
So haben wir als Kinder gespielt – und jedes Mal war einer draußen und durfte nicht mehr mitspielen.
Vom 4. Bis 25. Oktober findet in Rom eine Weltbischofssynode statt. Kurz gesagt geht es um das Thema: Ehe und Familie.
Schon im Vorfeld gab es bereits heftige Diskussionen zu verschiedensten Teilthemen, die zur Sprache kommen sollen. Eines dieser Themen betrifft die Geschiedenen und Wiederverheirateten, denn die sind von den Sakramenten ausgeschlossen.
Warum dieses Thema für mich und für die Pfarre wichtig ist möchte ich an einem Beispiel zeigen, das mir erzählt wurde:
Ein sehr junges Mädchen ist verliebt und es dauert nicht lange – heiratet sie ihren Freund. Er, der sich vorher von seiner besten Seite gezeigt hat, entpuppt sich bald nach der kirchlichen Hochzeit als ziemlich brutaler Mensch. Ein Zusammenleben mit ihm ist nicht möglich. Die junge Frau hat Glück. Sie lernt einen lieben Menschen kennen. Sie ist glücklich mit ihm und die beiden führen eine gute Ehe. Anlässlich der goldenen Hochzeit (der standesamtlichen) kommen sie auf die Idee, die kirchliche Ehe der Frau annullieren zu lassen. Sie sind nämlich der Meinung, der ehemalige Partner der Frau hat die Eheschließung nicht ernst genommen. Der Pfarrer, den sie fragen hat eine Idee. Nachdem das Paar regelmäßig den Sonntagsgottesdienst mitfeiert und er sie daher gut kennt, gibt er dem Paar folgenden Tipp: Sucht bitte einen Notar auf. Er soll nachforschen, ob der ehemalige Bräutigam überhaupt noch lebt. Die Nachforschungen haben ergeben: Er hat sich vor kurzem aus dieser Welt verabschiedet. Nachdem es bei der Trauung heißt: „bis dass der Tod euch scheidet“, war nun der Weg frei für eine kirchliche Trauung.
Nachdem ich diese Geschichte gehört habe, habe ich mir gedacht: Muss man auf den Tod eines Menschen warten, damit man (die) Sakramente wieder empfangen darf? Ist es im Sinne Jesu, dass Menschen 50 oder mehr Jahre nicht zur Kommunion gehen dürfen, möglicherweise bis zum Sterben nicht?
Ich bin der Meinung, dass Sakramente keine Belohnung für gutes Verhalten sind, sondern Heilmittel für die Seele. Der Psychiater Viktor Frankl sagt: Man darf den Menschen nicht auf ein Problem reduzieren. Entscheidend ist, das Gesunde zu stärken, damit Verletzungen heilen.
Aus Österreich nehmen Bischof Elbs und Kardinal Schönborn an der Bischofsversammlung teil. Ein Reporter des Linzer Kirchenblattes hat Bischof Elbs befragt. In der heutigen Nummer dieses Blattes ist das Gespräch mit Bischof Elbs abgedruckt (zum Gespräch). Ich muss ihnen sagen: Seit Bischof Stecher habe ich von einem Bischof nichts Menschenfreundlicheres, Einfühlsameres und Herzlicheres gelesen.
Er spricht dabei die Bibelstelle der Ehebrecherin an. Jesus hätte laut Gesetz sagen können: „ Wir haben ein Gesetz und nach dem Gesetz muss sie sterben“. Was macht er? Er sagt: „Ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!“
Jesus sagt nicht: „Ine, Ane, U, und draußt bist du“
Die Kirche sollte das auch nicht mehr sagen.