Predigt 07.06. 2015
Liebe Pfarrgemeinde!
Beim Fronleichnamsgottesdienst in der Kirche St. Stephan ist mir etwas aufgefallen. Da ist etwas geschehen, das mich zum Nachdenken angeregt hat. Nachdem das auch für Sie interessant sein könnte, habe ich mir gedacht, das wäre doch etwas für die Predigt am Sonntag nach Fronleichnam.
Es war so: Nachdem ich die Kommunion ausgeteilt habe, habe ich mich zur Besinnung auf meinen Platz gesetzt. Pfarrer Nikolaus kam etwas später und richtete dann die Monstranz für die Prozession her. Er nahm eine bei der Wandlung konsekrierte große Hostie und befestigte sie in der Monstranz. Kaum war das geschehen, kam mir in den Sinn: Vor einer Monstranz mit dem Allerheiligsten gehört es sich, dass man steht oder sich niederkniet.
Ich bin trotzdem sitzen geblieben. Warum? Ich habe mir nämlich gedacht: Eigentlich bin ich ja auch eine Monstranz. Ich habe kurz zuvor die Kommunion empfangen. ich bin zwar nicht vergoldet, aber ich bin auch eine Monstranz und viele andere mit mir.
Die Monstranz in St. Stephan hat goldene Strahlen. Das ist für mich ein Symbol für AUSSTRAHLUNG. Christus war zweifellos ein Mensch von immenser Ausstrahlung. Die Strahlen sagen zu mir: Wenn du eine Monstranz sein willst, dann musst du eine Ausstrahlung haben, die von Jesus kommt. So ist mir der Gedanke gekommen: Fronleichnam könnte heißen: "Das Fest der vielen Monstranzen". Die Monstranz im Tabernakel appelliert an uns: "Werde immer mehr zu einer Monstranz, die Ausstrahlung hat." Die Ausstrahlung soll Menschen an den Gottmenschen Jesus mit der immensen Ausstrahlung, dem göttlichen Licht, erinnern und zu ihm hinführen.
Seien wir ehrlich: Es ist nicht leicht auszustrahlen. Manchmal strahlen wir, manchmal sind wir armselige Funzerl und in Gefahr, dass das Licht der Ausstrahlung überhaupt ausgeht.
Was kann uns helfen, dass wir wieder Ausstrahlung gewinnen?
Ich nenne als Erstes das Gebet, beten, wo immer es möglich ist: beim Autofahren, beim Wandern, am Morgen und am Abend, vor dem Mittagessen, vor einer wichtigen Entscheidung, aus Dankbarkeit und... und... und...
Ich nenne die Feier des Gottesdienstes am Tag des Herrn, vielleicht auch unter der Woche. Diese Gemeinschaft sichert unser religiöses Überleben, Jesus will keine religiösen Einzelgänger. Die ersten Christen sagten: "Wir gehen zum Brotbrechen - wir brauchen das." Dieses Brot ist keine Belohnung für die, die besonders brav sind. Dieses Brot ist ein Kraftspender, das brauchen wir.
Was kann uns helfen, dass wir wieder Ausstrahlung gewinnen? Sich einsetzen für alte und kranke Menschen, Menschen in Not unterstützen, sich Zeit nehmen für Menschen, die ein Gespräch brauchen - und... und... und...
Sie können diese Liste fortsetzen. Es wird Ihnen sicher noch viel einfallen (bitte mir mitteilen).
Die Monstranz in der Kirche wird nur einmal im Jahr herumgetragen, sonst ist sie im Tabernakel. Sie kann auch nicht selbst gehen. Umso wichtiger ist, dass viele menschliche Monstranzen in alle Bereiche des Lebens hineinstrahlen, damit die Botschaft von Jesus wieder mehr gehört wird.