Liebe Gottesdienstgemeinschaft!
Seit 40 Jahren gibt es unsere Familienrunde. Einmal im Monat kommen wir bei jeweils einer anderen Familie zusammen. Wir beten und reden über das Evangelium des kommenden Sonntags. Bei der letzten Runde hat die Gastfamilie vorgeschlagen, gemeinsam einen Kreuzweg zu beten. Was ich dabei erlebt habe, hat mit dem heutigen Evangelium zu tun.
Bei vielen Kreuzwegandachten haben früher die Teilnehmer nach jeder Station gesagt: "Denn durch dein heiliges Kreuz hast du die Welt erlöst." Seit einigen Jahren passt mir dieser Text nicht mehr. Erlösung ist doch nicht nur durch den Tod am Kreuz geschehen. Zur Erlösung gehört doch viel mehr.
Ich vermute, woher diese enge Erlösungstheologie oder Opfertheologie kommt. Die Theologen haben seit Jahrhunderten folgendes Konzept gehabt: Gott ist durch die vielen Sünden der Menschen vergrämt. Weder Tier- noch Menschenopfer kann das wieder gut machen. Also schickt Gott seinen Sohn, damit er sich opfert und die Sünden tilgt. Der Tod Jesu am Kreuz bewirkt unsere Erlösung.
Mir ist das zu wenig. Für mich gehört das ganze Leben Jesu zur Erlösung. Jesus zeigt uns durch sein ganzes Leben, wie unser Weg durchs Leben gehen könnte. Er zeigt uns, wie wir mit den Armen und Ausgestoßenen umgehen sollen, er zeigt uns, wie wir mit dem Reichtum umgehen sollen. Er sagt uns, dass wir zu Gott Vater sagen dürfen, dass wir geliebte Kinder Gottes sind.
Jesus ist nicht nur der Weg, sondern er weiß auch einen Ausweg, einen Ausweg aus der Not des Todes. Durch seine Auferstehung verkündet er uns: Wir kommen von Gott und kehren zu Gott zurück.
Darum möchte ich es so sagen: Jesu Erlösungstat besteht in seinem Leben, in seinem Tod und in seiner Auferstehung.
Vielleicht sind sie jetzt neugierig geworden, welchen Spruch wir jetzt nach jeder Station gesprochen haben. Er lautet: "Herr Jesus Christus, wir preisen dich und danken dir, denn durch dein Leben und Sterben bist du für uns die Auferstehung und das Leben."
Über diese Formulierung bin ich glücklich.
Am Anfang der Predigt habe ich gesagt, dass mich das heutige Evangelium auf diese Ideen, die schon lange schlummern, gebracht hat.
Die Stelle im Evangelium heißt: Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab (hergab). Gott schenkt uns Jesus, damit er uns von Gott verkündet, damit wir wissen, wie wir leben sollen, damit wir erfahren, dass Gott uns liebt, damit wir lernen, gut miteinander umzugehen, damit wir wissen und glauben lernen, dass uns nach unserem Tod bei Gott eine Wohnung bereitet ist.
Das Thema Erlösung beschäftigt mich schon lange. Endlich habe ich eine Formulierung gefunden, die mich zufrieden stellt: "Herr Jesus Christus, wir preisen dich und danken dir, denn durch dein Leben und Sterben bist du für uns die Auferstehung und das Leben."