Liebe Festgemeinschaft!
An jedem Morgen hole ich mir meine Tageszeitung vom Zeitungsfach und verbinde Frühstück und Zeitunglesen. Gerade in der letzten Zeit vor der Wahl habe ich manche Artikel über die Diskussion der Spitzenkandidaten bewusst nicht gelesen. Ich habe ehrlich gesagt genug von der „Wadlbeisserei“, von Unterstellungen und Schlägen unter die Gürtellinie.
Und genau in dieser Zeit und völlig überraschend meldet sich zuletzt fast jeden Tag eine Stimme – eine ganz ruhige Stimme aus der Zeitung. Die Stimme spricht von Bescheidenheit, von Nächstenliebe (da ist nicht die von den Plakaten gemeint), vom Glauben, von neuen Wegen und von alten unaufgebbaren Werten. Sie spricht davon, dass der Glaube nicht moralinsauer werden soll. Die Stimme spricht davon, dass die Gemeinschaft der Kirche Wunden heilen und nicht verurteilen soll.
Sie haben es schon herausgehört. Ich rede vom neuen Papst. Er hat innerhalb eines halben Jahres einen neuen Wind in die Kirche gebracht. Er ist ein Mensch, dem man auf der Stelle abnimmt, was er sagt. Und was er sagt, das ist gut überlegt und überzeugend.
Dieser Papst Franziskus hat dem Redakteur einer Jesuitenzeitung ein mehrstündiges Interview gegeben. Aus diesem Interview nehme ich einige Sätze heraus. Ich glaube, sie sind bedeutsam für unsere Kirche und für die Weiterentwicklung unserer Pfarre St. Severin.
Der Papst sagt: „Etwas, das für mich wirklich fundamentale Bedeutung hat, ist die Gemeinschaft. Weil ich Gemeinschaft brauche, wohne ich in Santa Marta (das ist das Gästehaus des Vatikans). Als ich die päpstliche Wohnung in Besitz nehmen sollte, spürte ich in mir ein deutliches NEIN. Das Appartement im apostolischen Palast ist nicht luxuriös. Aber letztendlich gleicht es einem umgekehrten Trichter. Es ist groß und geräumig, aber der Eingang ist wirklich schmal. Man tritt tropfenweise ein. Das ist nichts für mich. Ohne Menschen kann ich nicht leben. Ich muss mein Leben zusammen mit anderen leben.“
Was bedeutet das für uns und unsere Pfarre? Ich glaube, Papst Franziskus würde uns sagen: Liebe Severiner! Vergesst die Pflege der Gemeinschaft nicht! Lasst den Sonntag, den Tag der Gemeinschaft, nicht verkommen! Nehmt euch Zeit für die Feier des Gottesdienstes. Seid dankbar füreinander! Sprecht andere an, auch wenn ihr sie gar nicht kennt. Schaut den Menschen in die Augen und erspürt, ob sie Hilfe brauchen. Haltet zusammen und vergesst die materiell und psychisch Armen nicht. Ihr braucht die Gemeinschaft und die Gemeinschaft braucht euch.
Der Redakteur fragte Papst Franziskus:“Wer ist Jorge Maria Bergoglio?“ Der Papst antwortete: „Ich bin ein Sünder. Das ist keine Redensart. Ich bin ein Sünder, den der Herr angeschaut hat, wie bei einem Bild in der Kirche San Luigi dei Francesci. Da sieht man den Finger Jesu, wie er auf Matthäus, den Sünder, zeigt. Als sie mich fragten, ob ich meine Wahl zum Papst annehme, da sagte ich: Ich bin ein Sünder. Ich bin ein Sünder, den der Herr angeschaut hat und nie vergisst.“
Diese Worte haben für die ganze Kirche und für jede Pfarre eine besondere Bedeutung.
Wir sind eine Gemeinschaft von Sündern, die weiß, dass sie von Christus angesehen wird und deshalb trotz allem angesehen ist. Beispiel: Wenn Menschen in ihrer Ehe gescheitert sind, dann gehören sie genauso zu uns, und wenn sie um einen Segen bitten, wenn sie ein zweites Mal Ja zu einem Partner sagen und um eine Segensfeier in der Kirche bitten, dann sagen wir: „Ja“. Sie sollen sich nicht verloren vorkommen. Wir halten die Ehe hoch, wir nennen die Ehe ein Sakrament, aber wir sind nicht da, um Menschen zu verurteilen. Der Papst sagt: „Was die Kirche heute braucht, ist die Fähigkeit, Wunden zu heilen und die Herzen der Menschen zu wärmen. Die Kirche ist wie ein Feldlazarett nach der Schlacht – sie muss Wunden heilen.
Die erste Botschaft der Kirche ist: „Jesus Christus hat dich gerettet!“
Zum Abschluss ein guter Rat an den Papst:
Lieber Franziskus, bescheidener Bischof von Rom, du willst in deiner Bescheidenheit nicht heiliger Vater genannt werden. Es ist mir zu Ohren bzw. zu Augen gekommen, dass dir jemand ein extrem bescheidenes Auto geschenkt hat: einen Renault R 4 mit 300 000 km auf dem Buckel. Angeblich warst du sehr entzückt über dieses Geschenk. Da hätte ich eine Bitte: Kauf dir einen übertragenen Wagen, der mehr Sicherheit bietet – ich kennen deine Allergie gegen glänzende Neuwagen. Es muss ja kein Neuer sein. Stelle den R 4 in die Vatikanischen Museen zum ewigen Angedenken an einen sehr bescheidenen Papst.
Pass auf dich auf, damit wir dich lange haben, fahre mit Autos, die eine hohe Sicherheit bieten, damit dir nichts passiert. Auch die Ideen der Techniker, die die Autos sicherer machen, könnten eine Gabe des hl. Geistes sein.
Lieber Franziskus!
Wir haben dich in diesem halben Jahr deiner Tätigkeit kennen und schätzen gelernt. Viele Menschen hören auf deine Stimme. Gerade heute brauchen wir solche Christen wie dich.
Pass auf dich auf, wir brauchen dich noch lange!
Danke!