Liebe Festgemeinschaft!
„Wer von euch der Erste sein will, der sei der Diener“, sagt Jesus. Das hat einen Grund! Es gibt einen Konflikt zwischen Jesus und den Aposteln. Seit Petrus zu Jesus gesagt hat „Du bist der Messias“, gibt es diese Auseinandersetzung. Denn wenn ein Jude das Wort Messias hört, dann denkt er an einen politischen Messias. Er denkt an einen, der politische und militärische Macht hat, der eine Revolution herbeiführt und das Volk Israel von der Besatzung der Römer befreit. Auch die Apostel glauben das und erwarten sich ehrenhafte Posten, wenn Jesus herrscht.
Jesus aber hat ganz andere Vorstellungen. Er will die Botschaft vom Reich Gottes verkünden. Er hat keine lukrativen Posten zu vergeben, bei ihm geht es nicht um oben und unten. Wer mit Jesus geht, der erfüllt einen Dienst für die Gemeinschaft. Und da gibt es viele Dienste mit mehr oder weniger Verantwortung. Aber wichtig sind sie alle.
Da gibt es den Dienst eines jeden Getauften, den Glauben zu leben und zu bezeugen, da gibt es den Dienst des Pfarrgemeinderates, sich um das Gedeihen der Pfarre zu kümmern, den Dienst des Pfarrers, die Gemeinschaft der Pfarre zusammenzuhalten und Sakramente zu spenden, den Dienst des Bischofs, eine Diözese zu leiten und sich um die Priester zu kümmern, den Dienst des Papstes, den Dialog mit den Diözesen zu pflegen und mit den Bischöfen die Kirche zu leiten.
Es gibt nichts anderes zu vergeben in der Kirche als Dienste. Wer einen Dienst übernimmt, dem gebührt Respekt und Achtung. Aber keiner steht über dem anderen. Im zweiten Vatikanischen Konzil wurde gegenüber dem „Oben und Unten-Modell“ das Modell einer Kirche, die gemeinsam unterwegs ist, bevorzugt. Wenn die Kirche gemeinsam unterwegs ist, sind alle auf einer Ebene. Dann geht es nicht um oben und unten. Dienste sind zu haben, aber keine Machtpositionen.
Diese Bibelstelle hat nach dem zweiten Vatikanischen Konzil etwas Besonderes bewirkt.
40 Bischöfe trafen knapp vor Ende des Konzils im November 1965 in den Domitilla-Katakomben außerhalb Roms zusammen. Sie haben das Wort des Papstes Johannes des XXIII. von der „Kirche der Armen“ ernstgenommen. Der Papst meinte einerseits, dass viele Christen in Armut leben, andererseits mahnte er die Kirche zu größerer Bescheidenheit. 500 weitere Bischöfe haben sich ihnen angeschlossen. Einige Punkte will ich jetzt anführen, die die Bischöfe festgelegt haben.
Und dann schreiben sie: In pastoraler Liebe verpflichten wir uns, das Leben mit unseren Geschwistern in Christus zu teilen, damit unser Amt ein wirklicher Dienst werde. Ein wirklicher Dienst ist Balsam für die Ohren. Damit wären wir wieder beim Dienst. Es geht ums Dienen in der Kirche und nicht um die Frage: Wer ist oben? Wer ist unten?
Zum Abschluss ein eigenes Erlebnis:
Im Jahre 1973 haben 5 Theologiestudenten aus St. Pölten in der St. Veit Kirche in Krems die Priesterweihe empfangen. Einer von ihnen war ich. Von den Ideen des Papstes Johannes XXIII. begeistert, obwohl er schon verstorben war, haben wir beschlossen: Im Sinne einer einfachen und bescheidenen Kirche werden wir nie einen Ehrentitel annehmen. Es gibt Arbeitstitel in der Kirche wie Pfarrer, Kaplan, Dechant … das ist o.k., aber keiner von uns wird den Titel Monsignore, geistlicher Rat annehmen. Wir waren nämlich der Meinung, dass der, der einen solchen Titel annimmt, leicht in Gefahr ist, sich wichtiger zu halten als die anderen sozusagen „Titellosen“. Beim letzten Jahrgangstreffen habe ich festgestellt: Wir haben jetzt einen Monsignore und drei geistliche Räte. Ich bin übriggeblieben als armer Titelloser! Mein Schmerz hält sich in Grenzen.
Ich bin überzeugt: Jesus wollte eine Gemeinschaft, die einfach und bescheiden ist, eine Gemeinschaft, in der es nicht heißt: Welchen hohen Posten hast du erhalten? Sondern: Hast du deinen Dienst bestmöglich ausgeübt?