Liebe Festgemeinschaft!
Wir freuen uns, dass wir heute kräftig miteinander feiern dürfen. Wir freuen uns an der Gemeinschaft, an der Geselligkeit, an den Liedern des Chores, wir freuen uns über die gemeinsame Feier des Gottesdienstes, wir freuen uns über das, was freundliche Pfarrfestmitarbeiter uns heute an Speisen und Getränken anbieten. Nicht zuletzt freuen wir uns über das prächtige Wetter, das uns heiter stimmt.
Liebe Festgemeinschaft!
„Eine Kirche, die nichts riskiert, riskiert am Ende alles"
Die Predigt beim Pfarrfest ist für mich immer ein Anlass, über die Gemeinschaft der Kirche im Großen und im Kleinen zu sprechen. Vor allem möchte ich meine Meinung zu dem Konflikt in der österreichischen Kirche sagen. Da gibt es viele Verzerrungen und Halbwahrheiten, viele schauen mit Genuss zu, wie das Match Schönborn gegen Schüller ausgeht. Nachdem ich auch bei dieser Gruppe der Pfarrerinitiative bin, möchte ich heute einiges zu den Anliegen dieser Bewegung sagen und ich möchte eines gleich festhalten: „Keiner von uns will eine Spaltung, keiner von uns hat jemals dieses Wort in den Mund genommen."
Ich beginne mit einem Beispiel. Der Dom zu Florenz hat eine wunderbare Kuppel. Weil in dieser Gegend Erdbebengefahr herrscht, hat sich der geniale Baumeister Brunelleschi etwas ausgedacht. Die zwei Teile der Kuppel sind ineinander beweglich. Wären sie ganz starr, würde ein Erdbeben katastrophale Auswirkungen haben.
Merksatz: „Was ganz starr ist, muss jede Bewegung fürchten".
Ein Beispiel: Vor einiger Zeit hat bei uns in St. Severin ein älteres Paar geheiratet. Sie sind fast 50 Jahre verheiratet. Die Frau war früher ganz kurz verheiratet, die Ehe wurde sehr bald geschieden. Seit fast 50 Jahren leiden sie darunter, dass sie offiziell nicht zur Kommunion gehen dürfen. Sie haben erfahren, dass der ehemalige Partner verstorben ist. Darum war es jetzt kein Problem, mit ihnen eine kirchliche Hochzeit zu feiern.
Dazu meine ich: Ich stehe zu einer dauerhaften Ehe, aber manche Leute „dunsten" zu lassen bis - eventuell – zum Lebensende, das ist für mich ein Horror, da ist Handlungsbedarf, da brauchen wir eine Lösung. Dazu stehe ich.
Ein zweites Beispiel: Ein Priester darf – ohne Angabe von Gründen – mit 70 Jahren in Pension gehen. Wenn im Tullnerfeld die Priester das machen würden, dann gäbe es in folgenden Pfarren keine aktiven Priester mehr:
JudenauLangenlebarn undLangenrohrKönigstettenTulbing undZeiselmauer.
Wenn sie jetzt glauben, dass da ja überall bald ein Prieser nachkommt, dann kennen sie die Personalsituation in der Diözese nicht. Alte Priester sterben und es kommen kaum neue nach.
Was haben wir von der Priesterinitiative für Vorschläge? In der Apostelgeschichte wird erzählt, dass die Apostel durch die stets wachsende Schar der Christen überfordert waren. Die Folge war ein Gespräch und ein Beschluss: Wir brauchen Diakone, die sich um die Alten und Kranken, die Armen und Kinder kümmern und sie Gottes Liebe erkennen lassen.
Einen ähnlichen Beschluss – meine ich – bräuchten wir auch heute. Ich nehme jetzt den Text aus dem 6. Kapitel (Les.) der Apostelgeschichte und schreibe ihn für die heutige Zeit um:
In diesen Tagen, als die Zahl der Jünger abnahm, als viele junge Menschen stillschweigend aus den Pfarrgemeinden auswanderten, als immer häufiger über die Unbeweglichkeit der Kirche geklagt wurde, da begehrten die Verantwortlichen auf, weil ihrer Meinung nach bei der „Versorgung" der Gemeinschaften viele Dinge übersehen wurden. Da riefen die Hirten ihre Mitarbeiter und die Gläubigen zusammen und sagten:
Es ist nicht recht, dass wir vor einer neuen Situation die Augen verschließen. Es ist nicht recht, dass wir uns mehr der Vergangenheit widmen und uns nur an die alten Traditionen klammern. Es ist nicht recht, dass so viele Pfarrgemeinden ohne Priester und Leiter sind. Nur weil wir uns gewöhnt haben, dass diesen Dienst nur unverheiratete Männer tun können.
Und dann sagten sie den Gläubigen: Wählt aus eurer Mitte Frauen und Männer mit gutem Ruf, mit der Fähigkeit, das Wort Gottes überzeugend weiterzusagen. Ihnen werden wir die Aufgabe der Leitung einer Pfarrgemeinde übertragen. Der Vorschlag fand den Beifall vieler Gläubigen.
Das Wort Gottes breitete sich aus, die Zahl der Gläubigen wurde wieder größer. Die Leute, die bisher skeptisch der Kirche gegenüber gestanden sind, nahmen den Glauben an. Sie sagten: Wir haben erlebt, wie in der Kirche offen über Probleme gesprochen wird, wie Fehlentwicklungen eingestanden und korrigiert werden, wie alle miteinander um des Reiches Gottes willen nach neuen Wegen in der Seelsorge suchen.
EINE KIRCHE, DIE NICHTS RISKIERT, RISKIERT AM ENDE ALLES.