Liebe Pfarrgemeinde!
Es gibt eine spezielle Sportdisziplin, die wird sehr häufig gepflegt. Menschen kommen privat, im Kaffee oder im Gasthaus zusammen. Und dann geht es los. Der Reihe nach werden Menschen kritisiert die nicht dabei sind. Da werden Schauergeschichten erzählt, da wird abgeurteilt unter dem Motto: Gott sei Dank sind wir nicht sowie die anderen. Ehrlich gesagt, kann das jedem vom von uns passieren, auch ich ertappe mich dabei, dass ich kritisch über andere rede, aber nicht auf die Idee komme, mit ihnen zu reden.
Als Kain seinen Bruder Abel erschlagen hat fragt ihn Gott: „Wo ist dein Bruder Abel?" Kain antwortet: „Bin ich der Hüter meines Bruders?" Nach Ansicht Gottes und der Bibel sind wir tatsächlich die Hüter unserer Mitmenschen. Wir machen uns schuldig, wenn wir uns nicht um sie kümmern. Es gibt Situationen in denen wir uns nicht heraushalten können und dürfen.
In den Klöstern nennt sich dieser Vorgang „correctio fraterna". Das würde ich übersetzen mit „liebevoller Zurechtweisung". Die Mitglieder der Klostergemeinschaft sind verpflichtet, es den Mitbrüdern oder Mitschwestern zu sagen, wenn diese etwas falsch gemacht haben. Das soll aber nicht aus Scheinheiligkeit geschehen oder weil man sich besser vorkommt. Es soll anderen geholfen werden, wenn sie einen falschen Weg einschlagen und Schaden erleiden könnten.
Wenn sie glauben, dass das eine einfache Sache ist, dann werden sie enttäuscht sein.
Ich soll einem anderen etwas sagen, soll ihn korrigieren. Da mache ich lieber nicht mit. Es gibt ja genug penetrante Moralisten, die anderen vorschreiben wollen, was sie tun sollen. Sie sind die Guten und wissen alles besser. Manche sind wie Wegzeiger: Sie zeigen den rechten Weg, gehen ihn selber aber nicht.
Ich habe es einmal probiert und bin kläglich gescheitert. Ich war der Meinung, dass ein älterer Herr zu viel dem Alkohol zuspricht. Lang habe ich eine günstige Gelegenheit abgewartet und dann mit ihm in aller Ruhe gesprochen. Was ich dann an Schimpfwörtern gehört habe, kann ich hier in der Kirche gar nicht sagen.
Trotzdem glaube ich, dass Jesus recht hat. Ja, zum Wohle eines Menschen muss ich mich einmischen. Nicht als Besserwisser sondern im Sinne einer christlichen Zivilcourage. Unter vier Augen sollen wir das Gespräch suchen, um die Privatsphäre des anderen zu schützen. Dann erst dürfen wir den anderen hinweisen auf das, was unsere Sorge auslöst. Wenn so ein Gespräch gelingt, dann kann der andere einen Weg suchen, der seine Lebensqualität erhöht.
Was gibt uns Kraft dazu, so ein Gespräch zu suchen? Schauen sie sich den letzten Satz des heutigen Evangeliums an! Jesus verspricht seinen Beistand und damit die Kraft des Geistes. Er sagt (ich kürze den Satz ein wenig): „WO ZWEI IN MEINEM NAMEN BEISAMMEN SIND, DA BIN ICH MITTEN UNTER IHNEN"
Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen. So hörten wir es im heutigen Evangelium. Dieser Satz gilt für den Gottesdienst, für eine Bibelrunde, für eine Familienrunde, für den Rosenkranz, für die Spendung der Sakramente, aber auch für ein offenes Gespräch gläubiger Menschen.